Deeper Autotune-Pop meets Depression

Wer nach sorglosem Party-Pop und Feel-Good-Lyrics sucht, der stößt wahrscheinlich nicht auf Tom Odell. Doch sein neues Album Best Day of My Life bringt die gewohnte melancholische Schwermut seiner Musik auf ein neues Level. Schon sein letztes Album Monsters gab einen Vorgeschmack auf die neue, düstere Seite seiner Musik, denn „Monsters“ nennt Tom Odell seine Panikattacken, die er auf diesem Album besingt und zeitweise mit ungewohnt elektronischen Beats untermalt. Auch wenn er auf seinem neuen Album wieder etwas mehr zur klassischen Klavierbegleitung seiner Songs zurückkehrt, bleibt das Überthema mental health bestehen. Nur scheint seine Muse diesmal nicht seine Angststörung gewesen zu sein, sondern eher seine Depression und Kindheitstraumata.

 

Tom Odells Musik war zwar schon immer geprägt von einer gewissen Portion Pathos und Melancholie, dennoch sang er zuvor eher – manchmal herzzerreißend und manchmal auch manisch-ausgelassen – über Liebe, Herzschmerz und andere Themen à la Coming-of-Age und Quaterlife Crisis.

Wie der Sänger selbst auf Instagram preisgab, sollte der für das Album namensgebende Song ursprünglich Worst Day of My Life heißen. Aus dem Titel und dem Rest des Songtextes ergibt sich somit eine irritierende Ironie, die aber zugleich schon themensetzend für den Rest des Albums ist. Etwas sinnhafter wird der Song, wenn man weiß, dass sich Tom Odell hierbei an dem bekannten Zitat von Laotse orientierte: „If you are depressed you are living in the past. If you are anxious you are living in the future. If you are at peace you are living in the present.”. Best Day of My Life soll also eine Erinnerung daran sein, Akzeptanz für das Hier und Jetzt zu haben.

   Ein weiteres großes Thema des Albums ist das Nachhausekommen. In den Songs Just Another Thing We Don’t Talk About und The Blood We Bleed behandelt Tom Odell die Besuche in seiner Heimat und die Dinge, die bei diesen Besuchen unausgesprochen bleiben. Dazu gehören unaufgearbeitete Kindheitstraumata, familiärer Leistungsdruck und der Alkoholismus seines Vaters.

Auch klanglich ist dieses Album sehr zurückgenommen und reduziert. Im Fokus stehen ganz klar der Gesang und das begleitende Klavier. Was in einigen Songs besonders heraussticht, ist der dezente Autotune-Effekt, der über die Gesangsstimme gelegt wurde. Dieser Effekt gibt der Ganzen Musik etwas Diffuses und Ungreifbares. Tom Odell experimentierte harmonisch auf seinen ersten Alben etwas mehr, trotzdem finden sich auf Best Day of My Life hier und da ein paar mutige Akkorde.

   Charakterisierend für das Album sind aber vor allem drei akustische Songs: Sunrise, Librium und __Sunset. Diese drei Stücke sind so simpel wie schön und ziehen sich als kleiner Hoffnungsschimmer durch das Album. Sunrise und __Sunset stehen hier symbolisch für den Best Day. Dazwischen steht Librium, ein Beruhigungsmittel, das man übertragen auf den Song wahrscheinlich wörtlich nehmen kann.

Hoffnung ist das Stichwort, denn mit all der Melancholie lässt uns Tom Odell am Ende des Albums nicht allein. Der letzte Song Smiling All The Way Back Home ist unerwarteterweise doch noch ein Liebeslied. Sehr hoffnungsvoll singt von einer Begegnung, die ihn seit langem mit einem Lächeln zurücklässt. Mit generischen Klavierakkorden und einem kitschigen Chor entlässt und Tom Odell aus seinem Album. Tatsächlich wirkt der Song sehr heilsam und lässt den Hörenden am Ende dieses thematisch schweren Albums dann doch etwas positiv gestimmt zurück.

Das Album ist also nichts für schwache Nerven, wer sich aber doch auf diese emotionale Hörerfahrung einlassen möchte, der wird es sicher nicht bereuen.